Konstant kreative Kunstgriffe – Interview in der Oberurseler Woche vom 27.02.25

Konstant kreative Kunstgriffe
Der „Orscheler Sommer“ feiert in diesem Jahr 40. Geburtstag. Und mit ihm feiert sein Erfinder, der Verein Kunstgriff, ebenfalls seinen 40. Geburtstag, denn die beiden gehören zusammen wie Pech und Schwefel. Die Planungen für die Jubiläumssause laufen langsam Richtung Hochtouren. Der Mann, der beim Kunstgriff den Hut auf hat – der Vorsitzende Dirk Müller-Kästner – freut sich schon auf den ersten Großeinsatz in diesen Jahr beim Taunus-Karnevalszug am Fastnachtssonntag.
Für ein Gespräch mit der Oberurseler Woche war trotzdem Zeit, mit ihm sprach Jürgen Streicher über dies und jenes.
Verraten Sie uns ein Geheimnis. Wer hat eigentlich dem Kind den Namen gegeben, als es vor 40 Jahren aus der Taufe gehoben wurde?
Dirk Müller-Kästner: Geheimnisse werden nicht verraten.
Ein echter Kunstgriff also. Der Name ist, so scheint es immer wieder, Programm geworden. Als hätte da tatsächlich einer etwas aus dem Hut gezaubert.
Müller-Kästner: Da zaubern ganz viele mit – und oft genug überraschen wir uns selbst. Und jetzt gibt’s den Verein seit 40 Jahren und ziemlich viele Menschen können sich den Sommer in Oberursel ohne den umtriebigen Kunstgriff kaum vorstellen.
Was macht seine Anziehungskraft aus?
Müller-Kästner: Jeder kann eigene Ideen umsetzen und bekommt dabei gerne Unterstützung. Oder kann selbst einfach nur unterstützen. Bei der Programmgestaltung im Sommer, aber auch beim „Kleinen Mittwoch“, unserer noch jungen Kleinkunstbühne in der kalten Jahreszeit im Kulturcafé Kunstgriff die inzwischen viele Freunde gefunden hat.
Sie selbst nennen den Kunstgriff fast despektierlich einen „kreativen Chaos-Verein“. Ist das der Anspruch, Attitüde oder einfach nüchterne Realität?
Müller-Kästner: Despektierlich ist das sicher nicht. Das ist eher eine Sympathiebekundung.
Was zeichnet einen kreativen Chaos-Verein besonders aus?
Müller-Kästner: Spontaneität, Individualismus in der Vielfalt und immer neue Kunstgriffe.
War das der größte Kunstgriff? Der Aufbau einer offenen, freizügig lockeren Struktur, die aber auch im kreativen Chaos immer funktioniert, selbst wenn man manchmal nicht weiß, wie es ausgeht und dann selbst wieder positiv überrascht ist, dass alles geklappt hat?
Müller-Kästner: Wenn Sie das so beschreiben wollen: Kein Einwand.
Hier die Organisation, da das Programm, was waren die größten Highlights, an die Sie zurückdenken?
Müller-Kästner: Für mich persönlich war es super, dass wir es in den Corona-Jahren geschafft haben, trotz zahlreicher Auflagen auf dem Hof der Grundschule Mitte und dann auf dem der Erich Kästner-Schule jeweils fantastische Orscheler-Sommer-Programme auf die Beine zu stellen.
Und was darf das geneigte Publikum im Jubiläumsjahr erwarten?
Müller-Kästner: Viel Abwechslung und hochkarätige Künstler im Sommer sowie beim „Kleinen Mittwoch“ im Kulturcafé Windrose und am 14. November eine sicher einmalige Geburtstagsparty in der Stadthalle, zu der wir dann aber doch mal Einritt verlangen.
Wie immer „Live, umsonst, draußen“, bleibt aber ansonsten der Anspruch?
Müller-Kästner: Das bleibt der Anspruch im Sommer, nur beim „Kleinen Mittwoch“ müssen wir „draußen“ streichen.
Sie haben viele „freie Mitarbeiter“, die für Gotteslohn Arbeitsschichten einlegen. Auch so ein Kunstgriff?
Müller-Kästner: Vielleicht eher ein Glücksgriff.
Und Sie haben es geschafft, auch die politische Stadtgesellschaft in ihr kreatives Chaos einzubinden. Die steht alle Jahre wieder fein am Grill und am Zapfhahn bei den Sommerfesten im Rushmoor-Park. Die Einnahmen fließen in die Kunstgriff-Kasse und helfen bei der Finanzierung.
Müller-Kästner: Wir freuen uns und sind dankbar, dass es diese Unterstützung gibt. Sie erleichtert unsere Arbeit ungemein.
Sind inzwischen alle dabei?
Müller-Kästner: Alle demokratischen Gruppen und Parteien aus dem Stadtparlament.
Der Mann, der seit vielen Jahren im Vorstand den Hut auf hat, geht am Ende oft selbst mit dem Zylinder rum und freut sich wenn es klingelt und raschelt, das hat wohl Tradition?
Müller-Kästner: Das ist weniger der Tradition als der Not geschuldet, dass wir die Kosten decken müssen. Die Technikkosten sind – aus meiner Sicht durchaus verständlich – gestiegen. Und bei den Künstlern wollen wir zumindest faire Gagen zahlen. Da gehe ich durchaus gerne mit dem Hut rum.
Letzte Frage: Was ist als „Kracher“ zum 40. Geburtstag geplant?
Müller-Kästner: Die Feier am 14. November in der Stadthalle, zu der sich auch U-Bahn-Kontrollöre angesagt haben. Da wird es ein richtig gutes Programm geben. Versprochen.
Interview geführt von Jürgen Streicher für die Oberurseler Woche vom 27. Februar 2025, Seite 4.